Teilprojekt C03 Werkzeugverschleißschutz

Die Ziele dieses Teilprojekts sind die Identifikation und Charakterisierung von Verschleißmechanismen in XHV-adäquater Atmosphäre sowie eine gezielte Erforschung und Auslegung tribologischer Systeme mit Hilfe von Verschleißschutzschichten. Dazu sollen exemplarisch ausgewählte Werkzeuge der Zerspan- und Umformtechnik betrachtet werden. Im Fokus der Untersuchungen steht der Erkenntnisgewinn in Bezug auf die Wirkmechanismen von Schichtsystemen, die bisher aufgrund ihres hohen oxidativen Verschleißes für den Einsatz in Werkzeugen nicht in Betracht kamen. Hierfür werden Mechanismen für Materialsysteme auf Carbid- und Nitridbasis (SiC, DLC u. w.) unter XHV-adäquater Atmosphäre betrachtet.

Ausgangslage

Temperaturabhängige Reibkoeffizienten von Wolframkarbid und Titan (links) REM-Aufnahmen einer entstandenen Hartschicht (rechts)

Die Produktionsprozesse der metallverarbeitenden Industrie werden üblicherweise in Gegenwart von Sauerstoff durchgeführt. Insbesondere durch auftretende Randschichtoxidationen auf Werkzeugen und -stücken während der Fertigung unter Normalatmosphäre ist in tribologischen Systemen ein hoher Verschleiß zu beobachten. Im Fokus der Untersuchungen des Teilprojektes C03 steht deshalb die Fragestellung, inwiefern sich die Verschleißmechanismen bei sauerstofffreien Produktionsprozessen der Zerspanungs- und Umformtechnik von denen in Normalatmosphäre unterscheiden, um Verschleißschutzschichten hoher Standzeiten für die Sauerstofffreie Produktion zu entwickeln. Entfallen z. B. native Oxidschichten, ist mit einer Veränderung der maßgeblichen Verschleißursachen zu rechnen. Größere Bedeutung als an Normalatmosphäre wird u. a. den Effekten von Diffusion und Adhäsion zukommen, die üblicherweise durch oberflächliche, inerte Oxide unterbunden werden. Ebenfalls werden veränderte lokale Legierungsbildungen erwartet, die durch Ausbleiben der Oxidation andere chemische Reaktionen an den neuen Grenzflächen bewirken.

Ziele

Ziel der ersten Förderperiode ist das grundlegende Verständnis mikrotribologischer Phänomene durch die Untersuchung der tatsächlichen mikro- bzw. nanoskopischen Wechselwirkungen im Kontaktbereich zwischen zwei Oberflächen und die Modellierung der Verschleißmechanismen aus den Anwendungsfeldern der Zerspanungs- und Umformtechnik unter XHV-adäquater Atmosphäre. Die Verwendung von silandotiertem Schutzgas ermöglicht es, durch die Reaktion des Silans mit dem im Schutzgas enthaltenen Restsauerstoff bei Umgebungsdruck, Sauerstoffpartialdrücke von weniger als 10-23 bar zu erreichen. Diese Atmosphäre bietet verschiedene Innovationspotenziale, wie die Realisierung bisher nicht möglicher Produktionsprozesse durch die Überwindung bestehender Prozessgrenzen oder die Verwendung neuartiger Werkzeugwerkstoffsysteme. Zu Beginn der ersten Förderperiode stehen zunächst sauerstoffaffine Werkstoffe wie Titan und Aluminium im Vordergrund. Für die Bestimmung relevanter Größen wie Reibwert, Verschleißbeständigkeit, Härte und E-Modul für Temperaturbereiche bis 1.000 °C sollen Messmöglichkeiten geschaffen werden. Die Identifizierung und Quantifizierung grundlegender Zusammenhänge der Eingangs- und Prozessgrößen wird mittels Skalierung der Systeme durch die Identifizierung der Wirkstellen der Prozesse und der Nachstellung dieser mittels Modellversuchen ermöglicht. Die Zusammenhänge von diffusionsgetriebenen Phänomenen wie Adhäsion, Werkstoffdiffusion und mögliche Selbstschmiereffekte sollen dabei evaluiert werden, um die Mechanismen aufzudecken und zu quantifizieren, die bei bisherigen Werkzeugen unter fehlender Sauerstoffatmosphäre zu erheblichem Verschleiß führen. Zur Erfassung der Temperaturen in der Kontaktzone von tribologischen Paarungen ist die Entwicklung von bauteilinhärenten mikrotechnologisch hergestellten Sensoreinsätzen geplant. Auf deren Basis soll eine in die Makroebene übertragbare Modellbildung aller grundlegenden Verschleißmechanismen in Anbetracht des Sauerstoffpartialdrucks und der Temperatur erfolgen um eine Prognose wichtiger Verschleißkennzahlen zu ermöglichen und letztlich neuartige Verschleißschutzschichten für die sauerstofffreie Produktion entwickeln zu können

Multiskalenanalyse - Die aus den Erkenntnisse der Mikrotribologie gewonnen Kontaktphänomene werden mit, aus molekulardynamischen Simulationen ermittelten, nanoskaligen Wirkmechanismen verglichen und auf die Makroebene übertragen

Im weiteren Verlauf des SFB sollen die gewonnenen Erkenntnisse aus dem Schichtverhalten unter XHV-adäquater Atmosphäre genutzt werden, um neuartige Beschichtungen zu etablieren und damit Werkzeuge für kooperierende Teilprojekte bereitstellen zu können. Beispielhaft hierfür stehen Werkstoffe (Siliciumcarbid, DLC, Siliciumnitrid etc.), die einem hohen oxidativen Verschleiß unterliegen, jedoch über vorteilhafte mechanische Eigenschaften verfügen, die potentiell nutzbar gemacht werden sollen. Weiterhin sollen tribologisch relevante Schichten betrachtet werden, die während thermischer Prozesse einer sauerstofffreien Prozesskette, bspw. durch den Einsatz von Reaktivgasen wie Acetylen, Ammoniak oder Silan, gezielt erzeugt werden können. Darüber hinaus wird der Einsatz von unter Sauerstoffatmosphäre hoch reaktiven Hartstoffen bzw. daraus abgeleiteten Beschichtungen möglich, welche unter sauerstofffreien Prozessbedingungen ein noch vollkommen unbekanntes Potenzial in tribologischen Systemen besitzen können. Das setzt eine Betrachtung von Herstellung, Handhabung und Entsorgung voraus. Aus diesem Grund erfolgt die Umsetzung in enger Abstimmung mit den Teilprojekten, bei denen die zu entwickelten Verschleißschutzschichten genutzt werden (Teilprojekte A03, A04, B01, B03). Zusätzlich wird das entwickelte Modell auf die Gesamtprozesse übertragen und die Modellvorstellungen der Einzelprozesse auf den Einsatz von weiteren Werkstoffen untersucht, um somit ein möglichst prozessübergreifendes Verschleißmodell bereitstellen zu können.


Veröffentlichungen

Zeitschriftenbeiträge, begutachtet

  • Raumel, S., Barienti, K., Luu, H.-T., Merkert, N., Dencker, F., Nürnberger, F., Maier, H. J., Wurz, M. C. (2023): Characterization of the tribologically relevant cover layers formed on copper in oxygen and oxygen-free conditionsFriction
    DOI: 10.1007/s40544-022-0695-5
  • Luu, H.-T., Raumel, S., Dencker, F., Wurz, M., Merkert, N. (2022): Nanoindentation in alumina coated Al: Molecular dynamics simulations and experimentsSurface and Coatings Technology 437, p. 128342
    DOI: 10.1016/j.surfcoat.2022.128342
  • Rodriguez Diaz, M., Raumel, S., Wurz, M. C., Szafarska, M., Gustus, R., Möhwald, K., Maier, H. J. (2022): Young’s Modulus and Residual Stresses of Oxide-Free Wire Arc Sprayed Copper CoatingsCoatings 12, p. 1482
    DOI: 10.3390/coatings12101482
  • Raumel, S., Barienti, K., Dencker, F., Nürnberger, F., Wurz, M. C. (2021): Einfluss von Silan dotierten Umgebungsatmosphären auf die tribologischen Eigenschaften von TitanTribologie und Schmierungstechnik 68, pp. 5–13
    DOI: 10.24053/TuS-2021-0002

Konferenzbeiträge, begutachtet

  • Raumel, S., Wurz, M. C. (2023): Sensor inserts on spherical surfaces for temperature measurement in wear contactsIEEE SENSORS Proceedings 2023
    DOI: 10.1109/SENSORS56945.2023.10324975
    ISBN: 979-8-3503-0387-2

Konferenzbeiträge, nicht begutachtet

  • Raumel, S., Wolf, A. M., Dencker, F., Wurz, M. C. (2023): Influence of oxide layers on the mechanical properties of copperIn: Clausthaler Zentrum für Materialtechnik (Hg.): Tagungsband 4 . Symposium Materialtechnik. Düren: Shaker Verlag.
    ISBN: 978-3-8440-9105-2
  • Raumel, S., Dencker, F., Wurz, M. C. (2021): Investigation of tribologically relevant surface layers formed on non-ferrous metals in oxygen-free conditionsIn: German Materials Society (DGM) e.V (Hg.): European Symposium on Friction, Wear and Wear Protection - Friction 2021.
  • Raumel, S., Barienti, K., Dencker, F., Wurz, M. C. (2020): Einfluss von Silan dotierten Umgebungsatmosphären auf die tribologischen Eigenschaften von TitanIn: Gesellschaft für Tribologie (Hg.): 61. Tribologie-Fachtagung, 28.-30. September 2020, pp. 12/1-12/10.

Verschiedenes

  • Raumel, S., Dencker, F., Wurz, M. C. (2022): Batch Fabrication of Silicon indenter tips for adhesion investigations using Deep Reactive Ion Etching (DRIE) (Vortrag)Nanobrücken 2022 - Nanomechanical Testing Conference 08.06.-10.6.2022.
  • Raumel, S., Dencker, F., Wurz, M. C. (2022): Influence of oxide layers on plastic deformability of copper (Vortrag)7th World Tribology Conference 2022, Lyon, Frankreich 10.07.-15.07.2022
Alle Veröffentlichungen des Sonderforschungsbereiches

Teilprojektleiterin/Teilprojektleiter

Prof. Dr.-Ing. Marc Wurz
Adresse
An der Universität 2
30823 Garbsen
Adresse
An der Universität 2
30823 Garbsen

Teilprojektbearbeiterin/Teilprojektbearbeiter

Selina Raumel, M. Sc.
Adresse
An der Universität 2
30823 Garbsen
Gebäude
Raum
119
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An der Universität 2
30823 Garbsen
Gebäude
Raum
119